Heimkehr mit Gänsehautmomenten

Eine Glocke „wandert“ durch Wilhelmshaven

Es bleibt ein Rätsel: Laut alter Aufzeichnungen gehört in die im 15. Jahrhundert erbaute Heppenser Kirche eine Glocke von 1650. Als drei Heppenser Glocken im Zweiten Weltkrieg eingezogen wurden, nach dem Krieg aber unversehrt auf dem Hamburger Glockenfriedhof wieder auftauchten und eine der Glocken in die Kirchengemeinde zurückkam, freute man sich zwar, schaute aber nicht so genau hin. „Der damalige Pastor hatte schon neue Glocken besorgt, darum lieh er die ‚heimgekehrte‘ Bronzeglocke an die Nachbargemeinde Bant aus“, weiß Nico Szameitat, der von 2005 bis 2015 Pastor in Heppens war.

Die Gemeinde Bant gab die Glocke an die Christopherus-Kapelle des CVJM-Heims weiter. Als die Kapelle Jahre später entwidmet wurde, blieb die Glocke an einem offenen Glockengerüst auf dem Gelände zurück. Das war nicht ungefährlich: „Einerseits, weil die Glocke Wind und Wetter ausgesetzt war, andererseits, weil Metalldiebe sie ins Visier nehmen könnten“, erklärt Achim Knöfel, Denkmalschutzexperte der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg.

„Also beschlossen wir nach Gesprächen mit der Kirchengemeinde Bant, die historische Glocke wieder nach Heppens zu holen“, sagt Nico Szameitat. „Es war schon ein besonderer Moment, als sie vom Gerüst genommen wurde und auf dem Kran nach unten schwebte“, so der Pastor, der beim Abbau der Glocke mit vor Ort war. Als man sie aber näher in Augenschein nahm, war nicht nur Szameitat erstaunt.

Das Rätsel der Glocken von Heppens

„In der Inschrift heißt es zwar, dass die Glocke aus Heppens stammt, aber sie datiert nicht von 1650, wie erwartet, sondern von 1782,“, so Szameitat. Zudem entpuppte sie sich als Schwesterglocke eines etwas älteren Stücks, das ursprünglich ebenfalls in Heppens läutete und heute beim Oldenburger Oberkirchenrat hängt. Hat es also irgendwann eine Verwechslung gegeben? Und existiert die Glocke von 1650 noch?

„Das wird sich wahrscheinlich nie ganz aufklären lassen“, vermutet Achim Knöfel, denn alte Unterlagen zu diesem Fall gibt es nicht mehr. Sicher ist jedoch, dass eine Original-Heppenser Glocke „heimgekehrt“ ist. Um sie zu den drei vorhandenen Bronzeglocken hängen zu können, wurde eigens der stählerne Glockenstuhl durch einen aus Eichenholz ersetzt, der langlebiger ist und es den Glocken nun erlaubt, frei zu schwingen. Auch der Klang hat sich dadurch verbessert.

Ein Fest mit den Nachbarn

„Wenn ich heute nach Heppens zurückkomme, freue ich mich immer, wenn ich die Glocken läuten höre“, sagt Nico Szameitat. „Ich habe ja zehn Jahre im Pfarrhaus bei der Kirche gewohnt und meine, einen Unterschied zu früher zu hören.“ Als die Rückkehr der 1782er Glocke im August 2016 mit einem großen Fest für die Gemeinde gefeiert wurde, war Szameitat, inzwischen Reformationsbeauftragter beim Oberkirchenrat in Oldenburg, natürlich dabei: „Die Heppenser Kirche war so voll, dass gar nicht alle Besucher einen Sitzplatz fanden.“

Schon zuvor waren Interessierte zusammengekommen, um den Umbau des Glockenturms mitzuverfolgen. Um den neuen Glockenstuhl anbringen zu können, musste zunächst das Dach abgedeckt werden. „Das hat viele Schaulustige angelockt – auch die Kinder vom nahen Kindergarten“, so der Pastor.

Zum Glockenfest waren dann auch zahlreiche Gäste aus der Nachbargemeinde Bant gekommen, wohin die Glocke ja jahrelang ausgeliehen war. „Als die drei vorhandenen Glocken und die wiedergekehrte Glocke dann zusammen läuteten, ergab das einen ganz wunderbaren Klang“, denkt Szameitat an den Willkommensgottesdienst zurück. „Das war für mich sehr bewegend – ein richtiger Gänsehautmoment.“

Der für die Rückkehr der Glocke notwendige Neubau des erweiterten Glockenstuhls in Eichenholz sowie die damit verbundenen sonstigen Bauarbeiten verursachten Gesamtkosten in Höhe von 33.000 Euro. Die Förderung durch die Kirchbaustiftung betrug 13.000 Euro.