„Quantensprung“ für eine Kirche

Eine freundlichere, festlichere Anmutung, Dachbodenschätze, die wieder in altem Glanz erstrahlen, und ein neues, starkes Zugehörigkeitsgefühl in der Gemeinde: Die Renovierung der Wardenburger Marienkirche ist eine echte Erfolgsgeschichte.

Langer Prozess – großes Interesse


„Ich bin seit fünf Jahren Pastorin in Wardenburg, aber das Thema Innenrenovierung der Kirche war schon präsent, als ich hier angefangen habe. Schon damals wurden im Gottesdienst Spenden gesammelt“, erinnert sich Imke Gießing.

Der Gesamteindruck, den viele Besucher vor den Arbeiten gewannen, sei der eines etwas dunklen, zusammengestückelt wirkenden Innenraums gewesen. „Ich habe erwartet, dass die Kirche nachher einfach schöner und einladender aussehen würde, aber dass die Identifikation der Gemeinde mit ihrer Kirche so viel stärker werden würde, hätte ich nicht gedacht“, sagt Gießing.

„Innen war die Kirche von der letzten Renovierung in den 1950er/60er Jahren geprägt“, weiß Denkmalschützer Achim Knöfel von der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg. „Dunkel, freudlos und müde waren Beschreibungen, die wir aus der Gemeinde hörten. Bei näheren Untersuchungen entdeckten wir vier Farbfassungen, die die Kirche im Innenraum schon erlebt hatte. Für die Renovierung entschieden wir uns schließlich für eine Farbgebung, die Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts bereits einmal bestanden hatte.“

Das Innere der Kirche erstrahlt heute in Grau- und Weißtönen mit goldenen Akzenten, etwa an der Orgel. „Rein von der Optik her sagen viele Besucher, die Kirche hätte einen wahren Quantensprung gemacht“, so die Pastorin.

Kirchenrenovierung als Gesprächsthema


„Wie wenig ich über unsere Kirche wusste, habe ich erst gemerkt, als wir echte Schätze auf dem Dachboden gefunden haben“, erzählt Imke Gießing. So wurden unter anderem ein historischer Hochaltar von ca. 1780 und geschnitzte Brüstungselemente für die Orgelempore in die „neue“ Kirche übernommen. „Es war im doppelten Sinne eine Reise, die wir gemacht haben, um über das neue Erscheinungsbild der Marienkirche zu entscheiden“, erklärt Gießing.

Etwa ein Dutzend Mitglieder des Gemeindekirchenrats, die Pastorin und Achim Knöfel berieten mit den planenden Architekten über die Renovierung. Neben Info-Fahrten zu Kirchen der Umgebung wurde auch überlegt, was die eigene Kirche in ihrer Geschichte geprägt hat, und es wurde in Archiven geforscht, wie beispielsweise der Altar einst aussah.

Man rief die Gemeinde dazu auf, alte Fotos zur Verfügung zu stellen und Erinnerungen zu teilen. „Die Renovierung wurde zum Gesprächsthema im Ort und hat die Gemeinde stärker zusammenbracht“, so Gießing. Ein halbes Jahr lang blieb die Kirche für die Innenarbeiten geschlossen. „Die Leute waren sehr interessiert, und wir haben Baustellenführungen angeboten, um den Fortgang der Veränderungen zu zeigen.“

Stolze Gemeinde – und mehr Trauanfragen

„Im Laufe der Renovierung und auch schon vorher, als zum Beispiel bei einem Benefizkonzert mit mehreren Chören aus der Umgebung Geld gesammelt wurde, hat man gemerkt, wie wichtig den Menschen die Marienkirche ist. Das ist im Alltag sonst gar nicht so sichtbar“, zeigt sich Imke Gießing beeindruckt. Zur vorgezogenen Wiederöffnung im November 2016, als die meisten Arbeiten fertiggestellt waren, mussten Kirchenbesucher stehen, weil sie keinen Platz mehr bekamen.

Bei einem feierlichen Gottesdienst im März 2017 nach dem endgültigen Abschluss der Renovierung, war das Gotteshaus erneut bis auf den letzten Platz gefüllt. „Man merkt, dass die Gemeinde stolz ist auf ihre Kirche“, freut sich die Pastorin. „Und wir bekommen seit der Renovierung auch mehr Trauanfragen.“

Die Kirchbaustiftung unterstützte die Restaurierung des Orgelgehäuses. Außerdem wurden die Restaurierung und der Wiedereinbau historischer geschnitzter Brüstungselemente auf der Orgelempore gefördert. Die Gesamtkosten betrugen 387.000 Euro, die Förderung durch die Kirchbaustiftung 36.000 Euro.